oee.ai – optimiert Anlagen mit Hilfe künstlicher Intelligenz

Hallo Markus, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei oee.ai kurz vor:

Hallo, ich bin Markus Focke und ich lebe mit meiner Familie in Aachen. Ich bin Professor für Industrial Engineering an der FH Aachen und einer von drei Gründern des Start-Ups oee.ai. Während ich also die nächste Generation von Fertigungsingenieuren und Führungskräften der Produktion ausbilde, entwickle ich ein Industrie 4.0 Werkzeug für ihre Arbeit.

oee.ai ist seit 2016 am Markt erfolgreich. Momentan sind wir ein Team aus 11 Mitarbeitern.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?

Sehr gerne. Mit oee.ai betreiben wir Manufacturing Intelligence. Wir holen uns Daten von Produktionsanlagen und von den Mitarbeitern, die mit der Anlage arbeiten, und analysieren sie mit Algorithmen. Dabei kommt auch KI zum Einsatz. Mit den Ergebnissen können wir aufzeigen, wo Verbesserungspotential im Betrieb der Anlage liegt und wir können dem Mitarbeiter Vorschläge machen, was dafür zu tun ist.

Welches Problem wollt Ihr mit oee.ai lösen ?

OEE steht für Overall Equipment Effectiveness, zu deutsch Gesamtanlageneffizienz. Mit dieser Kennzahl kann man die Produktivität jeder Produktionsanlage vermessen, also ob die Anlage überhaupt produziert, ob sie in der Sollgeschwindigkeit produziert und ob sie fehlerfreie Produkte produziert. In ganz vielen Industrien liegt die OEE deutlich unter 60 %, was in der Umkehr bedeutet, dass viel Produktivitätspotential existent ist. Auf Basis der erfassten Daten arbeiten unsere Algorithmen in Echtzeit und finden die Potentiale. Wenn wir identifiziert haben, wo die Produktivität verloren geht, können wir Menschen mit Hilfe unserer Technologie dazu motivieren, an den Themen zu arbeiten. Denke an die Ansätze, die in Computerspielen genutzt werden, um Dich zu motivieren, weiter zu spielen. Das nennt man Gamifizierung und das funktioniert auch bei Industrieanlagen.

Wie ist die Idee zu oee.ai entstanden ?

Bevor ich Professor wurde, habe ich bei Daimler und Porsche Consulting gearbeitet. In der Beratung hatten wir immer wieder das Problem, dass man an die Steuerungsdaten nicht herankam, um die Anlagenproduktivität zu berechnen. Deshalb haben wir die Mitarbeiter alles mit Zettel und Stift erfassen lassen. Irgendwann haben mein Mitgründer und ich gesagt, dass das auch anders gehen muss. Das war der Startpunkt zu dem, was jetzt oee.ai ist.

Wie würdest Du Deiner Großmutter oee.ai erklären ?

Unsere Mathematik schaut ganz genau auf eine Produktionsanlage und dann können wir sagen, was man daran verbessern kann, um mit der gleichen Anlage mehr zu produzieren.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?

Natürlich. Wir hatten bislang nichts, was man als Pivot bezeichnen würde, aber natürlich entwickelt sich die Konzepte mit den rasant wachsenden technischen Möglichkeiten im IoT-Bereich weiter. Im Hintergrund haben wir viel Basisarbeit geleistet, damit wir dem Anwender beispielsweise Ergebnisse der KI-Algorithmen in Echtzeit präsentieren können. Oder als anderes Beispiel: Wir versenden personalisierte Informationen an Smartwatches, so dass Mitarbeiter sofort auf Anomalien an der Anlage reagieren können.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Unsere Applikation steht als Software-as-a-Service in der Cloud zur Verfügung. Unsere Kunden bezahlen einen Jahresbeitrag pro Messpunkt an der Anlage und wir stellen ihnen die Funktionen zur Verfügung. Kein Projekt, keine Installation, nur eine Mietgebühr.

Wie genau hat sich oee.ai seit der Gründung entwickelt ?

Ich würde sagen, unsere Lösung und das Unternehmen sind stark gereift. Wir investieren viel in Technologie, um den Kundenanforderungen gerecht zu werden. Wir haben ja den Anspruch, ein Produkt zu entwickeln und nicht für jeden Kunden ein individuelles Projekt durchzuführen. Das bedeutet, wir müssen viele Konfigurationsmöglichkeiten anbieten, damit der Stahlverarbeiter damit genau so arbeiten kann, wie ein Marmeladenhersteller oder ein Pharmaunternehmen.

Darüber hinaus müssen auch die weiteren Unternehmensfunktionen mitwachsen: Kundenservice, Vertrieb und die ganze Administration. Das ist schon ein Kraftakt, der uns aber viel Spaß macht.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

Wir sind inzwischen 11 Mitarbeiter und haben ein kleines Büro in der Nähe der Hochschule. Manche Entwicklungsarbeiten vergeben wir zusätzlich an Dienstleister, wenn es die Aufgabe zulässt. So können wir an der Stelle etwas atmen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

Recruiting insbesondere von Tech-Leuten ist eine sehr große Hürde. Da muss so viel passen, dass man da auch mal daneben liegt und man sich wieder trennen muss. Das ist dann für alle frustrierend. Der Mitarbeiter hatte Pläne und uns als Unternehmen wirft das natürlich auch zurück. Sowas ist unschön, muss aber manchmal leider sein.

Was habt Ihr daraus gelernt ?

Wir verwenden noch mehr Zeit darauf, die Leute kennenzulernen, bevor wir sie einstellen. Und das geht über das persönliche Kennenlernen hinaus. Neuen Programmierern stellen wir im Vorfeld zum Beispiel Programmieraufgaben, die sich unser CTO dann ansieht und bewertet. So können wir gut erkennen, mit welchem Erfahrungslevel ein Mitarbeiter zu uns kommt. Das hilft bei den gegenseitigen Erwartungen sehr.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

B2B Start-Ups aufzubauen ist ein langer Weg. Kunden entscheiden in der Industrie einfach nicht schnell. In dem Umfeld gibt es keinen „Overnight Success“. Wir verfolgen unser Ziel beharrlich weiter – auch in Zeiten einer globalen Pandemie. Wir sind davon überzeugt, dass wir uns einen guten Platz im Markt erarbeiten können.

Wie ist Euer Startup finanziert ?

Wir sind gebootstrapped, wir wachsen also aus dem eigenen Umsatz heraus, investieren alles zurück in das Unternehmen. Wir sind offen für Investoren, aber bislang hat es noch keinen Match gegeben.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Mit einem Wort: Wachsen. Wir investieren weiter in unsere Technologie, insbesondere in die KI-Algorithmen und wie wir die Mitarbeiter unserer Kunden motivieren können, mit den Erkenntnissen aus den Daten zu arbeiten. Und in der Industrie reifen langsam App-Stores heran, wie man sie im B2C-Bereich von Google und Apple kennt. Uns dort zu integrieren, ist ein Fokus für das kommende Jahr, damit Kunden unsere App mit einem Doppelklick auf Ihrer Anlage installieren können.

Vielen Dank für das Interview.

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